Donnerstag, 27. Januar 2011

Mister Aufziehvogel und das Rindfleisch mit grüner Paprika





















Habt ihr auch schon mal jemandem ein schlechtes Gewissen eingeredet, um von den eigenen Fehltritten abzulenken? Aus einer Mücke einen Elefanten gemacht, damit der andere bloss nicht merkt, was für eine Scheisse ihr selber angestellt habt?

Genau das macht Kumiko, als sie eines Abends nach Hause kommt und ihr Mann Toru für sie pfannengerührtes Rindfleisch mit grünen Paprikaschoten und Sojasprossen gekocht hat. Nicht ahnend, dass Kumiko dieses Essen hasst, verabscheut, geradezu angewidert davor zurückschreckt.

Sie mag zwar Paprika, sie mag Rindfleisch und sie mag Sojasprossen. Aber sie hasst es, wenn alle drei Dinge in einem Topf zusammen kommen. Dummkopf! Wie konnte er nur so lange mit ihr zusammen sein und etwas so Elementares von ihr nicht wissen? Und als wäre dieser Fehltritt noch nicht schlimm genug, hat Toru auch noch das falsche Toilettenpapier gekauft, nämlich das mit Mustern. Dabei hasst Kumiko gemustertes Toilettenpapier, das müsste er nun aber wirklich wissen! Idiot!

Kurze Zeit später ist Kumiko verschwunden. Hat ihren Mann verlassen, ohne eine Nachricht oder einen Hinweis auf ihren Verbleib. Erst viel später erfährt Toru, dass Kumiko ihn betrogen hat und es darum nicht mehr aushält, mit ihm zusammen zu sein.

Doch Toru ahnt, dass hinter dem überstürzten Aufbruch seiner Frau noch mehr steckt. Ein Geheimnis, dessen Umrisse er im Dunklen zwar erahnen kann, dessen Greifbarkeit sich ihm aber gänzlich entzieht.

So macht er sich denn auf die Suche nach Kumiko und ihrem Geheimnis. Es wird eine lange Suche, die Toru alles abverlangt und ihn immer weiter in eine verschlungene und wirre Traumwelt führt. Bald gibt es nicht mehr bloss eine, sondern viele Realitäten, und Toru vermag nicht mehr zu sagen, was wahr ist und was nicht. Ihm begegnen mysteriöse Menschen, Telefonanrufe von fremden Frauen reissen ihn aus dem Schlaf und Wahrsager prophezeien ihm eine verheerende Begegnung mit Wasser. Und trotzdem steigt er in den trockenen Brunnen, der sich auf einem verlassenen Nachbarsgrundstück befindet, steigt hinab ins Dunkel, in der Hoffnung auf Antworten…


Murakami Haruki hat mit „Mister Aufziehvogel“ ein solch starkes Buch geschrieben, dass ich es, einmal aufgeschlagen, kaum noch aus der Hand legen konnte. Geschickt verbindet er die Geschichte von Toru und Kumiko mit zahlreichen weiteren Handlungssträngen, führt den Leser – oder in meinem Fall die Leserin – genau so zielsicher durch die hektischen Strassen Tokios wie in die japanische Kriegsvergangenheit. Immer wieder lässt er Personen Torus Weg kreuzen, deren Bedeutung sich nicht auf den ersten Blick erschliesst, lässt ihn Musikstücke hören, die erst bei mehrmaligem Lesen einen versteckten Sinn offen legen. Und obwohl am Ende nicht alle Rätsel gelöst sind, war ich vom Schluss des Buches keinesfalls enttäuscht. Im Gegenteil, ich hätte am liebsten noch hundert Seiten mehr gelesen.





















Und das alles beginnt tatsächlich mit einem Essen. Ein Essen, das natürlich nicht der Grund ist für das spätere Geschehen, sondern eher vielleicht ein Auslöser. Und das darüber hinaus auch noch köstlich schmeckt.

Aber das ist eine andere Geschichte.

Rezept für 2 Personen:
250 g Rindsfilet, in Streifen geschnitten
1 grüne Paprika
1 Zwiebel
2 Handvoll Sojasprossen (Mungobohnen)
Sojasauce
Bier (z.B. Sapporo) zum Ablöschen
Salz und Pfeffer

1.) Paprika und Zwiebel klein (mundgerecht) schneiden und in einer Pfanne mit wenig Öl andünsten. Nach ein paar Minuten die Sojasprossen hinzugeben, dann alles in eine Schüssel füllen und zugedeckt zur Seite stellen.

2.) Die Pfanne mit einem Küchentuch abreiben, um übrige Flüssigkeit aufzusaugen. Dann etwas Öl nachgiessen und das Fleisch auf hoher Stufe kurz anbraten, maximal 2 Minuten. Mit einem Schluck Bier ablöschen, das Gemüse wieder dazugeben und mit Sojasauce, Pfeffer und wenn nötig Salz abschmecken.

PS: Dazu passt Fried Rice mit Knoblauch und Ei.

PPS: Auch wenn ihr normalerweise Fleisch im Supermarkt kauft - geht bitte dieses eine Mal in die Metzgerei. Japanisches Essen wird in der Regel nicht allzu stark gewürzt und es gibt keine Möglichkeit, mittelmässige Qualität mit etwas Stärkerem zu "übertünchen". Es lohnt sich...

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